Waldemar Nottbohm

"- KUNST IM FREIEN - Architektonische Skulpturen"

Skulptur

20.08.2022 - 18.09.2022

Eröffnung: 20.08.2022 um 15:00 Uhr
Woltersburger Mühle
Woltersburger Mühle 1, 29525 Uelzen

Öffnungszeiten

Freitag 14 bis 18 Uhr; Samstag/Sonntag 9.30 bis 18 Uhr; Besuch von kleinen Gruppen nach Absprache mit der 2. Vors. des KVU Renate Schmidt; Tel: 0581-76675 oder 0170-3325029
Nottbohm_Eisen und Holz_Fotos Rainer Erhard
Nottbohm_Eisen und Holz_Fotos Rainer Erhard

Grußworte der Stadt
Jürgen Markwardt
Bürgermeister der Hansestadt Uelzen

Begrüßung
Almke Matzker-Steiner
1.Vorsitzende des Kunstvereins Uelzen

Einführung
Gerard Minnaard
Hausherr

Musik
Mockingbird-Jazzband

Rede von Gerard Minnaard

Lieber Waldemar, liebe Gisela, liebe Freund/innen der Kunst,

„Die gerade Linie ist gottlos.“

Das schreibt Hundertwasser 1958 in seinem Manifest gegen den Rationalismus in der Architektur. Er richtet sich in diesem Manifest gegen den Kult des rechten Winkels.

Der rechte Winkel – das ist für Dich, Waldemar, der Ausgangspunkt deiner Kunst. Also frage ich: Ist deine Kunst gottlos?

Ich weiß, dass Du nicht viel von Hundertwasser hältst. Wenn ich die Hundertwasser Vermarktungsmaschine sehe, kann ich das nachvollziehen.

Ich sehe aber auch ein ursprüngliches Anliegen, das ich schätze.

Also: Lass‘ uns ein wenig über die gerade Linie nachdenken.-

Louis Paul Boon, ein belgischer Schriftsteller, hat eine Geschichte geschrieben mit dem Titel „Der Kanal“. Ich zitiere einige Sätze aus seinem Text:

Nur eine kleine Frage: Würde es Ihrer Meinung nach für unser Leben etwas ausmachen, ob wir unsere abendlichen Spaziergänge am Kanal entlang oder an einem Fluss entlang machen? Es handelt sich in beiden Fällen um Wasser. Ich weiß. Aber es bewegt sich auf sehr verschiedene Weise fort. Und vielleicht kommt es darauf doch an. Ein Fluss liegt einfach da, launenhaft, nicht immer nachvollziehbar, und vor allem poetisch und zwecklos. Ein Kanal hingegen wurde durch Menschen gegraben, gerade wie ein Lineal und befahrbar.

An diesem Kanal entlang machten die beiden Verliebten jeden Abend einen Spaziergang. Sie gingen umarmt und sprachen über ihre Zukunft. Die Verliebten waren praktisch, nüchtern und mit „dem Nützlichen“ beschäftigt. Die beiden würden bald heiraten. Es war einer der letzten Abende vor dem Fest. Es war noch früh am Morgen als ein Mann am Kanal vorbei radelte und eine Jacke liegen sah. Er radelte weiter, denn er musste rechtzeitig am Arbeitsplatz erscheinen. Aber er hat angerufen und die beiden Verliebten wurden abgeholt, nicht weit von dem Ort entfernt, wo die Jacke lag. Niemand konnte glauben, dass sie sich ins Wasser geworfen hatten.

Hundertwasser agiert gegen diese Welt „des Kanals“. Eine Welt, in der alles gerade und nutzbar gemacht wird. Alles wird verdinglicht und dann, auf einmal, ist alles sinnlos. Und zwei Menschen nehmen sich das Leben.

Noch einmal die Frage: ist die Kunst von Waldemar Nottbohm gottlos?

Ich sage: Nein. Aber – warum nicht?

Der rechte Winkel, sagt Waldemar in einem Interview: „bringt Ordnung in das Chaos“. Chaos ist in diesem Fall kein harmloses Durcheinander, aus der schöne Sachen entstehen können. Das Chaos, das Waldemar meint, ist schrecklich. Es ist das Chaos des Krieges.

Die Bibel fängt an mit den Worten:

Am Anfang schuf „Gott“ Himmel und Erde.

Die Realität nämlich war tohu wa bohu 

tohu wa bohu, das ist die Beschreibung einer Welt voller Unrecht und Gewalt.

tohu wa bohu, das ist Chaos als Zerstörung.

Am Anfang schuf „Gott“ Himmel und Erde.

Die Realität nämlich war tohu wa bohu

Die Schöpfungsgeschichte hat nichts mit der Entstehung der Erde zu tun.

Die Schöpfungsgeschichte ist eine Erzählung, ein Narrativ – sie ist Zukunftsmusik.

Die Schöpfungsgeschichte bringt Licht in die Finsternis bzw. Ordnung in das Chaos, damit Menschen und Tiere in Gerechtigkeit und Frieden leben können.

Für mich ist das die Intention der Kunst von Waldemar Nottbohm.

Geradlinigkeit gegen äußerliche und innerliche Zerstörung.

Geradlinigkeit als Ausgangspunkt für die Gestaltung einer besseren Welt.

Deine Kunstrichtung wird getragen von einer optimistischen Sichtweise auf Machbarkeit und Technik. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass es gute Gründe gibt, diesem Optimismus gegenüber skeptisch zu sein.

Aber Geradlinigkeit. Klarheit. Aufrichtigkeit. Aufrecht gehen – diese Haltung und diese Gestaltung sind und bleiben zukunftsweisend.

Ja, diese Kunstrichtung ist datiert, aber sie hat einen utopischen Überschuss.

Wir haben es also mit zwei Blickrichtungen zu tun.

Zwei Blickrichtungen. Zwei künstlerische Ansätze.

Denn alles hat seine Zeit.

Kunst hat immer auch einen Kontext.

Kunst agiert immer in einem bestimmten Kontext und in diesem Kontext ist sie gut und überzeugend, vorausgesetzt, dass sie echt ist.

Ich wehre mich gegen die Meinung, dass man über Kunst nicht streiten kann – nach dem Motto, Geschmack ist ja immer subjektiv.

Ja, Geschmack ist subjektiv, aber Steine kann man nicht essen (Ernst Bloch).

Das heißt: Es gibt eine Grenze an der Subjektivität.

Konkret: Die Venuskogge ist keine Kunst. Die Venuskogge ist ein Beitrag aus dem Handwerk für die Hansestadt Uelzen. Man kann die Kogge schön oder hässlich finden. Man kann dafür oder dagegen sein. Das alles ist nicht der Punkt. Wichtig ist, dass wir fair mit den Begriffen umgehen und uns dabei nicht in die Tasche lügen. Wir Uhlenköper sollten wissen, was in dem Sack ist, den wir kaufen.

Lieber Waldemar,

Ich mag die Geradlinigkeit Deiner Kunst.

Ich mag den aufrechten Gang, der damit verbunden ist.

Und deshalb sage ich: diese Kunst ist nicht gottlos, sie ist zu tiefst human.

Das hängt aber auch mit dir zusammen, der du schon so lange aufrichtig dabei bist, Kunst zu machen.

Dafür sagen wir alle, dafür sage ich von Herzen: Waldemar, danke.